Mehr- oder Mindermengen nicht immer Gegenstand mengenmäßiger Pauschalierung
OLG Hamburg, mit Urteil vom 10.09.2013 – Az. 7 U 106/09
Enthält das Angebot auf Abschluss eines Pauschalpreisvertrags die Formulierung, dass „die Bewehrungsangaben aufgrund von Erfahrungswerten ermittelt wurden und Mehr- oder Mindermengen nach Stahllisten zu einem Einheitspreis abgerechnet werden“, sind die Mehr- oder Mindermengen des Stahls nicht Gegenstand der mengenmäßigen Pauschalierung.
Das Berufungsgericht bestätigt die zuvor ergangene Entscheidung des Landgerichts (LG Hamburg, Urteil vom 22.10.2009 – 409 HKO 38/09), wonach dem Auftragnehmer (AN) die (Rest-)Werklohnforderung zugesprochen wurde.
Ergänzend führte das OLG Hamburg aus, der Auftraggeber (AG) hatte das Angebot des AN seinem Wortsinn entsprechend so zu verstehen, dass sowohl der Pauschalpreis als auch eine Einschränkung des Pauschalpreises nach den weiter geltenden Bedingungen, insbesondere des Vorbehalts bezüglich der Bewehrungsmengen, gewollt war. Der AN habe seit seinem ersten Angebot durchgängig daran festgehalten, dass Bewehrungsmehr- bzw. mindermengen abgerechnet werden sollten. Zudem habe der AG wissen müssen, dass dem AN bei Abgabe des Angebots, die für die genaue Berechnung der Stahlmengen erforderlichen Bewehrungspläne noch nicht vorlagen. Ferner war der AN dem AG in den Preisverhandlungen zweimal mit einer Herabsetzung des Pauschalpreises entgegengekommen. Dementsprechend sprach für den, in der Baubranche erfahrenen AG bei der gebotenen Aufmerksamkeit bei Annahme des Angebots alles dafür, dass der Pauschalpreis entsprechend eingeschränkt sein sollte.
Hingegen spreche nichts dafür, dass der AN abweichend über den Wortlaut des Angebots hinausgehend, zusätzlich das Risiko der Mehrlieferung von Bewehrungsstahl hätte übernehmen wollen. Auch der Umstand, dass dem AN bei Abgabe des Angebots eine Statistik vorlag, mit der die Bewehrungsmengen nach den üblichen Berechnungsmodellen (nur) mit einer Genauigkeit von +/- 5 % hätten ermittelt werden können, lässt keine andere Auslegung zu. Denn danach bestand unstreitig und für den AG erkennbar ohne die Vorlage der Bewehrungspläne weiterhin eine nicht unerheblicheUnsicherheit, welche genauen Bewehrungsmengen benötigt wurden, und war dementsprechend nach wie vor das Interesse des AN vorhanden, diesem Risiko durch den Vorbehalt einer nachträglichen Stahlmengenberechnung Rechnung zutragen.
Die gegen das Berufungsurteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen (BGH, 20.05.2014 – VII ZR 275/13).