Mit Urteil vom 25.09.2015 – V ZR 244/14 – hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich die Möglichkeit der Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft bejaht. Bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen kann dies ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.
Ob dies der Fall ist, kann allerdings nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen bestimmt werden.
Das Wohnungseigentumsgesetz enthält keine Anhaltspunkte, dass den Wohnungseigentümern die Möglichkeit einer Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zu Gebote stehen soll. Allerdings muss das besondere Haftungsrisiko berücksichtigt werden. Gibt es Zahlungsausfälle bei Wohnungseigentümern, müssen die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beiträge der übrigen Wohnungseigentümer oder durch eine Sonderumlage ausgeglichen werden. Eine solche Nachschusspflicht kann zwar auch entstehen, wenn ein Vorhaben durch eine Sonderumlage finanziert wird und sich diese bei einzelnen Wohnungseigentümern als uneinbringlich erweist. Da eine Sonderumlage von den aktuellen Wohnungseigentümern aufzubringen ist, wird aber meist hinreichend sicher bekannt sein, ob mit einem Zahlungsausfall zu rechnen ist; auch kann jedenfalls die Durchführung von Maßnahmen, die Aufschub dulden, davon abhängig gemacht werden, dass die beschlossene Sonderumlage von allen Wohnungseigentümern gezahlt wird. Bei einem Darlehen lässt sich das Risiko des Ausfalls einzelner Wohnungseigentümer dagegen nur sehr begrenzt abschätzen. Zuverlässige Prognosen über die Bonität der Wohnungseigentümer sind schon wegen der meist langen Laufzeit des Darlehens nicht möglich; darüber hinaus muss stets damit gerechnet werden, dass es zu Eigentümerwechseln in dieser Zeit kommt, sich also die Zusammensetzung der Gemeinschaft verändert. Angesichts dieses Haftungsrisikos ist bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten. Ob sie ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, lässt sich nur nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer feststellen.
Dabei sind insbesondere folgende Gesichtspunkte von Bedeutung:
- Es kommt wesentlich auf den Zweck des Darlehens an, wobei in erster Linie an Instandhaltungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen zu denken ist; je dringlicher eine Maßnahme ist desto eher treten andere Nachteile einer Finanzierung durch Darlehen bei der Abwägung zurück.
- Von Bedeutung ist ferner die Möglichkeit, die notwendigen Mittel durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage und Erhebung einer Sonderumlage aufzubringen. In diesem Zusammenhang sind den mit einer Darlehensaufnahme einhergehenden Belastungen und Risiken die Vor- und Nachteile einer Finanzierung der Maßnahme mittels Sonderumlage gegenüber zu stellen; eine Darlehensfinanzierung wird insbesondere in Betracht kommen, wenn die Erhebung einer Sonderumlage die einzelnen Wohnungseigentümer finanziell stark belastete oder gar die Leistungsfähigkeit einkommensschwächerer Wohnungseigentümer überforderte.
Relevant sind zudem
- die Höhe des Darlehensbetrages im Verhältnis zu der Anzahl der Wohnungseigentümer,
- die Kreditkonditionen,
- die Laufzeit des Darlehens und
- die Rückzahlungsbedingungen.
Eine mehrheitlich beschlossene Kreditaufnahme muss nicht zwingend eine Option für die Eigentümer enthalten, die Finanzierung selbst zu übernehmen und den auf sie entfallenden Kreditanteil als Sonderumlage zur Reduzierung des Darlehensbetrages einzuzahlen.
Auch die Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens muss gewissen Anforderungen genügen:
Der Beschluss muss
- Angaben über die zu finanzierende Maßnahme,
- die Höhe des Darlehens,
- dessen Laufzeit,
- die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist.
Ferner muss vor der Beschlussfassung wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung gewesen sein. Dies ist in dem Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren.